Kongress: Antimuslimischer Rassismus

Wenn alle Muslim:innen abwertend über einen Kamm geschert werden:

Antimuslimischer Rassismus – gesellschaftliche Wirklichkeit und wachsender Widerstand

Das Unsagbare versuchen. Worte, eine Sprache finden für den Schmerz durch den Verlust eines geliebten Menschen. Ein Vater, ein Sohn, von jetzt auf gleich jäh aus dem Leben gerissen. Durch die verblendete Hasstat gewissenloser Rechtsextremisten. Nur weil sie anders waren, als deren komplett vernageltes Weltbild es erlaubte: Muslime zu sein schienen oder es waren. Und die deshalb nicht einmal vor Mord zurückschreckten, gnadenlos. Zurück bleiben die Nächsten der Opfer, Verwandte, Freunde. – Das allerdings ist die Spitze eines Eisbergs, der des antimuslimischen Rassismus in der Bundesrepublik, sein brutalstes Gesicht. Doch derer gibt es viele. Und sie prägen Lebenswelten von Betroffenen – und reichen bis ins Zentrum unserer Gesellschaft.

Rechtsextremistische Morde: Rechtschaffene Bürger:innen werden plötzlich zu Fremden

Denn die Fassungslosigkeit setzt sich fort: angetrieben von einem bundesrepublikanischen Rechtssystem, das nach den abscheulichen Verbrechen mit ihnen, den Hinterbliebenen eben so und nicht anders umging.

Nach Solingen, den NSU-Morden, nach Hanau. In dessen institutionalisierter Praxis antimuslimischer Rassismus und Rechtsextremismus offenbar strukturell verankert sind – so das vernichtende Urteil nicht nur der Betroffenen.

Was in der Folge der feigen Mordtaten geschah: es einfach als Täter-Opfer-Umkehr zu bezeichnen, ist zwar deskriptiv richtig, doch es ist noch viel zu gelinde, weil der Ausdruck nur formal beschreibt, was den trauernden Angehörigen von den ermittelnden Behörden in der Bundesrepublik jeweils widerfuhr.

Sie dachten, sie seien anerkannte Bürger:innen dieses Staates, rechtschaffen, friedliebend. Plötzlich sind sie Fremde, mussten sich so fühlen. In einem Land, von dem sie dachten, hier hätten sie (vielleicht) eine Heimat gefunden.

Es war der wohl bedrückendste Höhepunkt zum „Tag gegen antimuslimischen Rassismus“ auf dem Kongress, der am Freitag vergangener Woche im Dietrich-Keuning-Haus (DKH) stattfand. Als Gamze Kubaşık, Tochter des 2006 vom NSU in Dortmund ermordeten Mehmet Kubaşık, und Serpil Unvar, Mutter des 2020 in Hanau ermordeten Ferhat Unvar, auf dem Podium saßen.

„Letztlich geht es nicht um antimuslimischen Rassismus, sondern um Menschenrechte“

Veranstalter am 1. Juli war das Forum für muslimische Zivilgesellschaft NRW. Über fast acht Stunden zog sich der Kongress. Und es fielen sehr viele gewichtige Sätze: mahnend, analysierend, voller Trauer, aber auch mit Hoffnung, ermutigend – dass es möglich ist, sich gemeinsam zu wehren.

„Letztlich geht es nicht um antimuslimischen Rassismus, sondern um Menschenrechte“, sagt zum Ende der Veranstaltung hin Prof. Karim Fereidooni von der Ruhr-Universität Bochum.

Und hätte hinzufügen können: Rassismus als gruppenbezogener Menschenhass ist eine jener gesellschaftlich produzierten Denk-, Einstellungs- und Handlungsformen, die mit dem „Wertevorrat“ (genauer: anthropologisch-rational begründbaren Prämissen hinsichtlich) unveräußerlicher Rechte eines jeden Menschen eklatant wie grausam brechen.

Über 300 Anmeldungen habe es gegeben, sagt Gesamtmoderatorin und Dipl.-Pädagigin Halide Özkurt; 400 bis 450 Teilnehmer:innen hatte DKH-Leiter Levent Arslan erwartet. Am Ende versammeln sich nicht ganz so viele in der Halle des mittlerweile traditionsreichen Gebäudekomplexes in der Dortmunder Nordstadt. Unter ihnen sind auffallend viele jüngere Frauen; weitere Hinterbliebene antimuslimischer Gewaltopfer befinden im Publikum.

„Tag gegen antimuslimischen Rassismus“: in Erinnerung an Marwa El-Sherbini

Dem „Tag gegen antimuslimischen Rassismus“, in diesem Jahr erstmals nach den Corona-Restriktionen am 1. Juli öffentlich veranstaltet, liegt ein weiteres erschütterndes Gewaltverbrechen zugrunde. Es war an jenem Datum im Jahr 2009, als Alex Wiens im Dresdner Landesgericht die schwangere, aus Ägypten stammende Muslima Marwa El-Sherbini mit 18 Messerstichen ermordete.

Ihr zu Hilfe eilender Ehemann wurde dabei im Gerichtssaal vom Täter und einem Polizisten, der ihn – bezeichnenderweise – als den eigentlichen Angreifer wahrnahm, lebensgefährlich verletzt, liegt eine Zeit im Koma, entrinnt knapp dem Tode.

Wie zumeist üblich in der Bundesrepublik, wenn es um rechtsextremistische Verbrechen geht, sah die Staatsanwaltschaft beim späteren Prozess gegen Wiens lediglich einen Einzeltäter am Werk, mit einer wiewohl „extrem ausländerfeindlichen Motivation“.

Medial wurde der rassistische Charakter der Tat längere Zeit weitgehend ausgeblendet, sie vielmehr als „Tragödie“ eingestuft. Erst durch einen internationalen Aufschrei änderte sich dies peu á peu, aber auch nur teilweise. Insofern ist der bestürzende Anlass für den 1. Juli aktueller denn je.

„Antimuslimischer Rassismus“ hat “Islamophobie” ersetzt

Der Terminus „antimuslimischer Rassismus“ steht für eine Form des vorwiegend kulturell geprägten Rassismus, die sich unterschiedslos gegen Menschen richtet, die als Muslim:innen wahrgenommen werden, gleich, ob sie Gläubige sind oder nicht.

Oder ob sie überhaupt Muslim:innen sind: äußere Merkmale wie etwa Kleidung oder Hautfarbe genügen, um ihnen als einer dergestalt und als fremd beurteilten Gruppe jene Menschenrechte abzusprechen, die allen menschlichen Wesen unabhängig von Kultur, Sprache, Herkunft, Religion, Geschlecht, Alter usf. zukommen.

Der „Antimuslimischer Rassismus“, betont Prof. Floris Biskamp, der unter anderem im Bereich politische Theorie und Bildung forscht und lehrt, habe die sog. Islamophobie ersetzt. Eine gute Nachricht bringt er wenigstens mit: Es gäbe weniger Äußerungen von Personen des öffentlichen Lebens über „den Islam“ nach Negativ-Ereignissen, die es in die Nachrichten schaffen; derartige Debatten seien gleichsam „aus der Mode gekommen“.

Sicherlich auch ein Erfolg des sich im Lande formierenden Widerstandes gegen rassistische Ausgrenzung, Diskriminierung bis hin zu äußerster Gewalt und deren Verharmlosung (“Einzeltäter”). Grund zur Entwarnung gibt dies dagegen nicht.

„Forum für muslimische Zivilgesellschaft NRW“ umfasst über 100 Organisationen

Beeindruckend dokumentiert durch den Kongress selbst. Das veranstaltende „Forum für muslimische Zivilgesellschaft NRW“ ist ein Zusammenschluss ohne Rechtsform von über 100 verschiedener Organisationen, wie Prof. Aladin El-Mafaalani erläutert.

Es ist eine der drei Säulen der von ihm betreuten „Koordinierungsstelle für muslimisches Engagement in NRW“, die als Kooperationspartner an das jetzt nach der Landtagswahl in dieser Form neu aufgestellte Landesministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) angegliedert ist.

Es ginge in dem Forum, das einem „offenen Netzwerk“ gleicht, um die „Bündelung von Expertise“, um eine Stärkung des Engagements gegen antimuslimischen Rassismus, so der weit über Dortmund hinaus bekannte Soziologe mit syrischen Wurzeln. Um eindimensionale Urteile, was denn Muslim:innen so seien, aufzubrechen.

„Muslimisches Leben ist divers, es ist vielseitig, ist mehrstimmig“

Denn, wie wäre es jenseits rassismusaffiner Plattitüden anders denkbar: „Muslimisches Leben ist divers, es ist vielseitig, ist mehrstimmig“, stellt er mit Blick auf Teilnehmer:innen wie Referent:innen an Ort und Stelle fest.

Dennoch werden Muslim:innen (oder jene Menschen, die als solche betrachtet werden) unzweifelhaft weiterhin diskriminiert: auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt und anderswo.

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan und Schirmherrin des Kongresses greift diesen Faden auf und warnt – per Videobotschaft: „Rassismus fängt nicht mit Gewalt an.“ Sondern „mit den Worten im Alltag“, den Blicken auf das Kopftuch, „die nicht gegebene Empfehlung für das Gymnasium trotz guter Noten“, und so weiter. „Weil Du wegen eines Nachnamens oder einer ausländischen Staatsangehörigkeit nicht dazu gehören sollst.“

Er habe etwas mit „unseren Strukturen“ zu tun, vertiefe gesellschaftliche Spaltungen, statt den Zusammenhalt zu fördern. Ergo gibt es Handlungsbedarf, denn Rassismus greife das „Fundament unserer Demokratie“ an.

In Dortmund ist es nicht wichtig, woher Du kommst, sondern wohin Du willst

Für derlei Einsatz stehe das Forum – und das mache ihr Mut. Zugleich müsse endlich von der Bundesregierung das Demokratiefördergesetz auf den Weg gebracht werden: es ginge um Unterstützung, Empathie und Respekt.

Und es sollten Strukturen angepackt werden, die „rassistisch diskriminieren: in den Behörden, bei der Polizei, am Arbeits- oder Wohnungsmarkt“. Verfassungsfeinde dürften nicht mehr im öffentlichen Dienst tätig sein.

Auch OB Thomas Westphal verortet in seinem per Videoaufzeichnung festgehaltenen Grußwort antimuslimische Tendenzen nicht etwa in individuellen Entscheidungen. Sondern, wie es sich für einen Alt-Juso gehört: in „gesellschaftlichen Prozessen“.

Mit einer konkreten inhaltlichen Folge: „Der Islam wurde zum Symbol des gegen den Westen gerichteten Glaubens“, stellt er fest, weiß aber zugleich eine Dortmunder Tradition dagegen abzugrenzen: „Hier ist es nicht wichtig, wo Du herkommst, hier ist es wichtig, wo Du hin willst.“ Dafür aber bräuchte es vor allem einer Verständigung miteinander. Ergo für einen basalen Konsens darüber, wie wir leben wollen.

„Ich bin Marwa“ – bewegende Aufführung und Gedenkminute für Rassismus-Opfer

Zwischendurch wird es still im DKH: Gedenkminute für Marwa El-Sherbini und alle Opfer des antimuslimischen Rassismus. Zu ihren Ehren bringen Berfin Erdem und Kathrin Sievers das Unfassbare künstlerisch vor’s Publikum. Ihre Aufführung heißt „Ich bin Marwa“.

Marwa, die Handballerin der ägyptischen Nationalmannschaft und Pharmazeutin aus Alexandria, die 2005 mit ihrem Mann, dem Genforscher Elwy Ali Okaz, erst nach Bremen, 2008 nach Dresden zog, und mit dem sie Ende 2009 wieder nach Ägypten zurück wollte.

Doch dort in Dresden nahm das Verhängnis seinen Lauf. – Nein, es war kein Verhängnis, sondern irgendwann blutige Wirklichkeit, geschaffen von Menschenhand aus Rassenhass.

„Auf der Schaukel sitzt ein Mann, jung von außen, im Inneren lange tot“, sagt sie, weiß gekleidet, wie in einem Leichentuch. Es ist auf dem Spielplatz, wo Marwa ihrem späteren Mörder begegnen sollte. „Ich werde nie die Worte verstehen, die für immer meinen Körper mit seiner Schuld übersäten.“ Es sind Worte „der Verblendung, gefüllt mit Hass, Gewalt und Feindseligkeit“.

Er beleidigte sie, es kam zum Prozess, zur Revision. Keine Metalldetektoren gab es am 1. Juli 2009 am Dresdner Landesgericht, keine Durchsuchungen. Der von rassistischer Verachtung getriebene Täter konnte den Gerichtsaal ungehindert mit einer 20 Zentimeter langen Klinge betreten.

An ihrer Seite ihr kleiner Sohn, in ihrem Bauch das heranwachsende Kind, da stürzt er sich auf sie. Sticht immer und immer wieder zu, mit dem japanischen Kampfmesser, gegen Herz, Lunge, Leber, insgesamt 18 Mal.

Die Polizei stürmt den Saal, ein Polizist schießt – aber nicht auf den Täter, sondern auf ihren zur Hilfe eilenden Ehemann. Sie verblutet vor den Augen ihres dreijährigen Kindes, sein Vater ringt mit dem Leben.

„Besondere Schwere der Schuld“: Mindeststrafe 15 Jahre – in der Regel mehr

Später wurde der für voll schuldfähig erklärte Täter wegen Mordes an Marwa El-Sherbini und versuchten Mordes an ihrem Ehemann zu lebenslanger Haft verurteilt – wobei das Gericht eine besondere Schwere der Schuld feststellt.

Was nach deutschem Recht soviel bedeutet wie, dass die Strafvollstreckungskammer – im Normalfall nach rund 13 Haftjahren – festlegt, „wie viel Strafe zusätzlich zur Mindesthaftdauer von 15 Jahren noch verbüßt werden muss, bis der Verurteilte auf Bewährung entlassen werden kann – falls dies dann unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit … verantwortet werden kann“. (Wiki)

Auf dem Podium im DKH sitzt mittlerweile Moderatorin Asli Sevindim, Abteilungsleiterin für „Integration“ im MKFFI, Politologin und Journalistin. Sie spricht von den Menschen in ihrer Runde. Zwei von ihnen sind Gamze Kubaşık und Serpil Unvar.

Es droht eine milde Auslegung seitens der deutschen Rechtsprechung

Sie trügen einen „unendlichen Schmerz“ in sich, „Verletzungen vor allem an der Seele“. Sie hätten Menschen verloren, Vertrauen verloren – „und bringen trotzdem die Kraft auf, ihre Stimme zu erheben, Aufklärung, Veränderung einzufordern“, spricht sie voller Anerkennung zu den beiden.

Wie kann es weitergehen? Wen wundert’s: die rechtsstaatliche Aufarbeitung, ja die spiele da selbstverständlich eine große Rolle. Viele machen hier einen gewaltigen Handlungsbedarf aus.

Dann informiert der Rechtsbeistand der Familie von Marwa, der international bekannte Menschenrechtsanwalt Eberhard Schultz, die Anwesenden in einer Videobotschaft über die frühzeitigen Entlassungschancen des Mörders der jungen Ägypterin.

Die stünden nämlich nicht schlecht. In zwei Jahren könnte er voraussichtlich freikommen. Also nach dem Verbüßen der Mindesthaftstrafe von 15 Jahren. Ein Schlag ins Gesicht aller Opferangehörigen.

“Wenn wir vergessen, geben wir die Erlaubnis, dass so etwas wieder passiert”

Serpil Uvar sagt zu Hanau: “Wenn wir vergessen, geben wir die Erlaubnis, dass so etwas wieder passiert.” Zwar ist der Tod ihres Sohnes ein schreckliches Faktum, das nicht mehr zu ändern ist.

Doch da ist ein Wille, ein Blick nach vorn: “Die Kinder sollen nicht umsonst gestorben sein.” Denn: “Wir gehören zu diesem Land”, stellt sie kämpferisch unter dem Beifall des Publikums fest.

Mehmet, der ermordete Vater von Gamze Kubaşık, wurde von den ermittelnden Beamt:innen lange Zeit verdächtigt, aus dem Drogenmilieu heraus umgebracht worden zu sein. Seine Freunde wurden zur Polizei zitiert.

“An diesem Tag habe ich gespürt, dass die Ehre meines Vater kaputtgemacht wird”, sagt Gamze. Eine lange Zeit verfolgte Ermittlungsrichtung, die kaum von rassistischen Motiven zu trennen ist. Doch sie weiß: “Wenn Du am Ende des Tages in den Spiegel gucken kannst, bist Du ein guter Mensch.”

Rechtsanwalt Dr. Mehmet Daimagüler, Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess und erster Beauftragter der Bundesregierung gegen Antiziganismus, erweitert die Perspektive auf weitere Merkmale des alltäglichen Geschehens, auf das Eindringen des antimuslimischen Rassismus in die Lebenswelten von Betroffenen.

Vieles geschieht dort quasi subkutan, vieles bekommen wir gar nicht mit. Wenn etwa einer Muslima das Kopftuch abgerissen würde.

Eines seiner ernüchternden Fazite: Der Rechtsstaat, der sei eigentlich vor allem für die Bedrängten da. “Aber in der Realität ist es umgekehrt.” Sieht aber auch so etwas wie eine Gegenbewegung: dass nämlich nach den Morden des NSU endlich über Rassismus in diesem Staat gesprochen werden könne. Und in Richtung Serpil Unvar, zu Hanau: “Ihr habt dem Tod einen Namen gegeben.”

Rassismus: weniger eine Einstellung denn ein verzerrendes System von Diskursen und Praxen

Was an verschiedenen Eckpunkten der Veranstaltung deutlich wurde, konnte von Prof. Floris Biskamp aus seiner Forschungserfahrung untermauert werden. Der Politologe erörtert die Leistungsfähigkeit eines Modells, dass Islamfeindlichkeit als individuelle „Einstellung“ begreift.

Ein wesentliches Momentum sind Stereotype und vor allem Vor-Urteile: sie sind (gegenüber kritisch-rationalen Haltungen) homogenisierend, verzerrend, ablehnend.

Doch was ein solche Konzept wegen seines individualisierenden Ansatzes nicht leisten könne, dass seien eben Analysen von Machtasymmetrien wie diskursiven Dynamiken.

Dagegen meint „antimuslimischer Rassismus“ die Verhältnisse, in denen wir zueinander stehen. Daher sei es sinnvoller, Rassismus als (verzerrendes) System von Diskursen und Praxen zu begreifen.

Anders als bei der Einstellungsforschung ist es hier nicht relevant, was in den Köpfen von Menschen passiert. Sondern das Muslimisch-Sein wird wichtiger – bzw. die gesellschaftlich-devaluierenden Bedeutungen, die mit entsprechenden Wahrnehmungen konnotiert werden, um beispielsweise ungleiche Ressourcenverteilung zu rechtfertigen wie zu reproduzieren.

Auf einem zweiten Podium mit Nicole Erkan als Moderatorin variierten schließlich Özgür Sözeri, Dislo Benjamin Harter, Leyla Jagiella und Karima Benbrahim diesen Ansatz aus ihren jeweiligen Theorievorräten und Erfahrungen.

Mehrfachdiskriminierung von Muslima – Ehrung für Minister Dr. Joachim Stamp

Zu guter Letzt: Erstmals wurde auf dem Kongress der Marwa El-Sherbini-Preis vergeben. Und zwar an Dr. Joachim Stamp (FDP), Minister des MKFFI. Hier zeigen sich gleichsam „die feinen Unterschiede“: Auch das bundesrepublikanische „Establishment“ ist kein homogener Block. Da gibt es mehr, da weniger Verständnis, Engagement.

Reicht das? – In ihrer Laudatio fordert die Politikwissenschaftlerin Rabia Akin Abdulwahid, der 1. Juli müsse zu einem Teil deutscher Erinnerungskultur werden. Eine Woche, in der auf die Probleme hingewiesen würde, „mit denen Muslime, insbesondere muslimische Frauen konfrontiert sind“.

„Ziel demokratischer Gesellschaft ist es, Ungleichheiten zu verringern.“ Und lässt keine Zweifel, dass es noch einiges zu tun gibt: Sie als Muslim:innen, insbesondere als sichtbare, sie wüssten nur zu gut, wie schwierig der Weg in Ämter, Ministerien etc. ist, wo die Qualifikation (leider) oft keine Rolle spiele.

Ebenso angesprochen: Mehrfachdiskriminierung und eine Politik, die meist dazu neige, Menschen mit ihren Bedürfnissen zu vergessen. Da bräuchte es mehr Menschen wie den Preisträger. Der – wie in der vorherigen Legislaturperiode ist es der stellvertretende Ministerpräsident des Landes NRW – zeigt sich sichtlich gerührt und bleibt bescheiden: „Ich weiß gar nicht, ob ich das verdiene …“, so Joachim Stamp.

Weitere Informationen:

  • Das Forum für muslimische Zivilgesellschaft NRW ist eine der drei Säulen der „Koordinierungsstelle für muslimisches Engagement in NRW“, beauftragt vom nach der Landtagswahl in dieser Form neu aufgestellten NRW-Ministerium Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI).

 

Referenz : https://www.nordstadtblogger.de/antimuslimischer-rassismus-gesellschaftliche-wirklichkeit-und-widerstand/

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